Stellungnahme der OÖ. Umweltanwaltschaft
HR Dipl.-Ing. Dr. Martin Donat
Energie AG Oberösterreich Erzeugung GmbH, Linz
Neubau Wasserkraftwerk Weißenbach
Bad Goisern am Hallstättersee
Vorverfahren gemäß § 4 Abs. 1 UVP-G 2000
Mit Schreiben vom 4. November 2020 (AUWR-2019-261120/25) hat die UVP-Behörde die Unterlagen der Energie AG Oberösterreich Erzeugung GmbH über die Errichtung des Kraftwerks Weißenbach im Rahmen eines Vorverfahrens gemäß § 4 UVP-G 2000 übermittelt. Der Neubau des Laufkraftwerks Weißenbach (Bad Goisern) wurde als Ersatzneubau für das Ausleitungskraftwerk Lauffen (Bad Ischl) eingereicht und soll im Zuge der Projektumsetzung mit einem Hochwasserschutz-Projekt für die Ortsteile „Wildpfad“ und „Anzenau“ (Gemeinde Bad Goisern) kombiniert werden. Dazu nimmt die Oö. Umweltanwaltschaft, wie folgt, Stellung:
Teil C:
Rechtliche Erwägungen
Dieses Vorhaben übersteigt die relevanten Schwellenwerte des UVP-G 2000 (Kraftwerkskette), weshalb eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sein wird. In diesem Zusammenhang wird auch das gegenständliche Vorverfahren gemäß § 4 UVP-G 2000 Abs. 1 durchgeführt.
Es sind aber noch wasserrechtlich und naturschutzrechtlich relevante Vorfragen zu klären:
Wasserrecht
Nach Klärung des derzeitigen und zukünftigen ökologischen Zustands der gegenständlichen Traunstrecke und den zu erwartenden Veränderungen wird die Frage des Verschlechterungsverbots darstellbar sein. Artikel 4 Wasser-Rahmenrichtlinie legt als Umweltziele fest:
(1) In Bezug auf die Umsetzung der in den Bewirtschaftungsplänen für die Einzugsgebiete festgelegten Maßnahmenprogramme gilt folgendes:
(a) bei Oberflächengewässern:
- die Mitgliedstaaten führen, vorbehaltlich der Anwendung der Absätze 6 und 7 und unbeschadet des Absatzes 8, die notwendigen Maßnahmen durch, um eine Verschlechterung des Zustands aller Oberflächenwasserkörper zu verhindern;
- die Mitgliedstaaten schützen, verbessern und sanieren alle Oberflächenwasserkörper, vorbehaltlich der Anwendung der Ziffer 3 betreffend künstliche und erheblich veränderte Wasserkörper, mit dem Ziel, spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie gemäß den Bestimmungen des Anhangs V, vorbehaltlich etwaiger Verlängerungen gemäß Absatz 4 sowie der Anwendung der Absätze 5, 6 und 7 und unbeschadet des Absatzes 8 einen guten Zustand der Oberflächengewässer zu erreichen;
- die Mitgliedstaaten schützen und verbessern alle künstlichen und erheblich veränderten Wasserkörper mit dem Ziel, spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie gemäß den Bestimmungen des Anhang V, vorbehaltlich etwaiger Verlängerungen gemäß Absatz 4 sowie der Anwendung der Absätze 5, 6 und 7 und unbeschadet des Absatzes 8 ein gutes ökologisches Potential und einen guten chemischen Zustand der Oberflächengewässer zu erreichen;
- die Mitgliedstaaten führen gemäß Artikel 16 Absätze 1 und 8 die notwendigen Maßnahmen durch mit dem Ziel, die Verschmutzung durch prioritäre Stoffe schrittweise zu reduzieren und die Einleitungen, Emissionen und Verluste prioritärer gefährlicher Stoffe zu beenden oder schrittweise einzustellen; unbeschadet der in Artikel 1 genannten einschlägigen internationalen Übereinkommen im Hinblick auf die betroffenen Vertragsparteien;
Basis für das Verfahren ist die Bestimmung der „fiktiven“ Vergleichsvariante, also das durch Sanierungsmaßnahmen erreichbare gute ökologische Potential im derzeitigen Zustand (also ohne KW-Bau). Das umgesetzte Vorhaben „Neubau Wasserkraftwerk Weißenbach“ (inkl. aller seiner Ausgleichsmaßnahmen) darf keine Verschlechterung darstellen.
Erst dann kann in einem zweiten Schritt eine Ausnahme vom Verschlechterungsverbot geprüft werden. Angesichts des bisher aus dem Projekt und den Begehungen grob ableitbaren Sachverhalts ist absehbar, dass ein Verfahren nach § 104a WRG (Ausnahme vom Verschlechterungsverbot) erforderlich ist:
§ 104. (1) Die Behörde hat bei Vorliegen eines den Bestimmungen des § 103 entsprechenden Antrages, unbeschadet § 104a, sofern aus der Natur des Vorhabens Auswirkungen auf öffentliche Rücksichten (§ 106) zu erwarten sind, vornehmlich insbesondere dahingehend zu prüfen,
- ob und inwieweit durch das Vorhaben öffentliche Interessen (§ 105) berührt werden;
- ob und inwieweit von dem Vorhaben Auswirkungen, insbesondere erhebliche negative Auswirkungen auf den Gewässerzustand im Sinne des Abs. 5 zu erwarten sind;
- ob die Anlagen dem Stand der Technik entsprechen;
- welche Maßnahmen zum Schutz der Gewässer, des Bodens und des Tier- und Pflanzenbestandes vorgesehen oder voraussichtlich erforderlich sind;
- ob und inwieweit von dem Vorhaben Vorteile im allgemeinen Interesse zu erwarten sind;
- ob sich ein allfälliger Widerspruch mit öffentlichen Interessen durch Auflagen (§ 105) oder Änderungen des Vorhabens beheben ließe;
- ob und inwieweit geplante Wasserversorgungsanlagen für den angestrebten Zweck geeignet sind und welche Schutzmaßnahmen (§ 34) voraussichtlich erforderlich sind;
- ob und inwieweit für eine einwandfreie Beseitigung anfallender Abwässer Vorsorge getroffen ist;
- ob das Vorhaben mit einem anerkannten wasserwirtschaftlichen Rahmenplan (§ 53), mit einer Schutz- oder Schongebietsbestimmung (§§ 34, 35 und 37), mit einem Sanierungsprogramm (§ 33d), mit dem Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan, dem Hochwasserrisikomanagementplan, mit einem Regionalprogramm (§ 55g) oder sonstigen wichtigen wasserwirtschaftlichen Planungen in Widerspruch steht;
- ob das Vorhaben zwischenstaatlichen Vereinbarungen widerspricht.
Angesichts der überschaubaren Leistung der Kraftwerksanlage von 2,6 MW werden aus Sicht der öffentlichen Interessen des kombinierten Hochwasserschutzes in die Waagschale geworfen. Die Frage ist offen, ob das Hochwasserschutzprojekt allein mit wesentlich geringeren Auswirkungen auf die Schutzgüter umgesetzt werden könnte, als dies in Kombination mit dem Kraftwerk der Fall ist.
Darüber hinaus werden uU Teile der im Zuge des HWS-Projektes in „Kernbrunn“ mit öffentlichen Geldern finanzierten ökologischen Verbesserungen betroffen sein, wodurch ein Interesse an der Sicherstellung bzw Kompensation besteht. Beim Vergleich der Auswirkungen des Kraftwerks und der geplanten Kompensationen müssen also jene Maßnahmen in der Bewertung des Kraftwerks abgezogen werden, die ohnehin „nur“ ein Ersatz bereits (mit öffentlichen Mitteln) errichteter ökologischer Strukturen darstellen.
Bereits die geplante Unterwassereintiefung verbunden mit der Sohlrampe und den begleitenden harten (begrünten) Ufern – so wie sie derzeit in den Unterlagen grob dargestellt ist – dürfte auf Grund der hydromorphologischen Veränderungen eine Verschlechterung bringen. Überdies stellt sich die Frage, ob und wie die geplante massive Sohlrampe Weißenbachbrücke auf Dauer vollständig passierbar bleibt.
Allein diese oben angeführten Punkte legen den Schluss nahe, dass ein Verfahren nach § 104a WRG (Ausnahme vom Verschlechterungsverbot) erforderlich sein wird.
Aus Sicht der Oö. Umweltanwaltschaft
sollte auf die Unterwassereintiefung verzichtet werden.
Das Vorhaben liegt im Bereich der Alpenkonvention.